Moderne Kopfschmerztherapie: Ein Blick auf die Herausforderungen und Lösungen

Veröffentlicht: 8.November 2023
Author:Julia Soschinski
Moderne Kopfschmerztherapie: Ein Blick auf die Herausforderungen und Lösungen 
Kopfschmerzen – Ein Volksleiden

Kopfschmerzen sind in Deutschland ein weit verbreitetes Gesundheitsproblem. Etwa zwei von drei erwachsenen Deutschen, also ungefähr 47 Millionen Menschen, leiden zumindest zeitweilig unter Kopfschmerzen.  Es gibt rund 250 verschiedene Typen von Kopfschmerzen, von denen 90% primär und 10% sekundär sind. Die häufigsten primären Kopfschmerzen sind der Spannungskopfschmerz, unter dem ca. 25 Millionen Menschen leiden, und die Migräne, mit der etwa 10 Millionen Deutsche zu kämpfen haben. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Rund 1,6 Millionen Betroffene haben 3 bis 4 Migränetage pro Monat, was ihre Lebensqualität erheblich beeinträchtigt. 1% der deutschen Bevölkerung leiden unter einer chronischen Migräne, d.h. sie haben mehr als 15 Kopfschmerztage pro Monat, 8 davon sind Migränekopfschmerzen. Die sogenannten sekundären Kopfschmerzen sind auf andere Gesundheitsprobleme zurückzuführen. Hierzu zählen auch die Kopfschmerzen durch Medikamentenfehlgebrauch. 

Hinweis: Chronische Migräne und Medikamentenübergebrauch 

Die häufigste Ursache von Symptomen, die auf chronische Migräne hindeuten, ist der übermäßige Gebrauch von Schmerzmitteln bzw. Triptanen. Etwa 50% der Patienten, die vermeintlich an chronischer Migräne leiden, kehren nach einem Schmerzmittelentzug zu einem episodischen Migränetyp zurück. 

Kosten der Kopfschmerztherapie

Die volkswirtschaftlichen Kosten von Kopfschmerzen sind erheblich. Jährlich belaufen sich die Kosten auf etwa 15 Milliarden Euro allein durch Arbeitsausfall, 27 Millionen Euro für die Behandlung in Krankenhäusern (mit gut 90.000 Behandlungstagen pro Jahr) und rund 500.000 Euro jährlich für frei verkäufliche Schmerzmittel.  

Die 3 Säulen der Migränetherapie

Die moderne Kopfschmerztherapie stützt sich auf drei Säulen:
Nicht medikamentöse Strategien: Diese umfassen regelmäßige Bewegung, psychologische Schmerztherapie zur Schmerzbewältigung, Stressmanagement und Entspannungstechniken. 

Medikamentöse Akuttherapie: Die Akuttherapie hat das Ziel, Kopfschmerzen innerhalb von zwei Stunden relevant zu lindern und assoziierte Symptome zu reduzieren. Sie soll möglichst die normale Funktionsfähigkeit wiederherstellen und das Wiederauftreten von Schmerzen verhindern. 

Medikamentöse Prophylaxe: Die Prophylaxe zielt darauf ab, die Häufigkeit und Schwere der Migräneanfälle um mindestens 50% zu reduzieren, die Anfallsdauer zu verringern und die Ansprechbarkeit auf Akuttherapien zu verbessern. Die oralen Migräneprophylaktika sind wirksam, aber ihre unerwünschten Arzneimittelwirkungen, wie Gewichtszunahme, Bradykardie, Müdigkeit und psychiatrische Nebenwirkungen wie Depression, führen oft zu geringer Therapietreue und Persistenz. 

Neue Ansätze in der Migränetherapie

CGRP-Antikörper: Ein vielversprechender Ansatz in der Migränetherapie sind die monoklonalen Antikörper gegen Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP). Diese Antikörper zeigen eine hohe Wirksamkeit bei der Behandlung von Migräne. Die 50%-ige Responderrate nach 3-6 Monaten liegt zwischen 30% und 62%, im Vergleich zu Placebo mit 17-38%. Vollhumane und humanisierte monoklonale Antikörper sind spezifisch und weisen geringe Nebenwirkungen auf. Studien legen nahe, dass die Therapietreue bei der Anwendung von CGRP-Antikörpern gegenüber klassischen Prophylaktika höher ist. 

Neue Medikamente: Ditane und Gepante: In der Migränetherapie kommen auch neue Medikamentengruppen zum Einsatz. Ditane, wie Lasmiditan, und Gepante, wie Rimegepant (Vydura®), sind vielversprechend. Sie wirken am 5-HT1F-Rezeptor im Gehirn, was zu einer geringeren Beeinflussung der peripheren Gefäße führt. Lasmiditan wird bei Kontraindikationen gegen Triptane eingesetzt, kann jedoch zentrale Nebenwirkungen wie Benommenheit, Müdigkeit und Schwindel verursachen. Gepante wie Rimegepant werden eingesetzt, wenn herkömmliche Migräneprophylaktika nicht wirken oder nicht vertragen werden. 

Cannabinoide in der Migränetherapie: Ein vielversprechender, wenn auch noch nicht in den Leitlinien enthaltener Ansatz, ist die Verwendung von medizinischen Cannabinoiden, zur Migränetherapie. Studien zeigen vielversprechende Ergebnisse in Bezug auf die therapeutische Wirkung von medizinischem Cannabis bei Migräne. Es wird gut vertragen und weist weniger Nebenwirkungen auf. 

Fazit

Die moderne Kopfschmerztherapie hat Fortschritte gemacht und bietet Patient*innen neue Möglichkeiten. Neben bewährten nicht-medikamentösen Strategien und etablierten Medikamenten, werden auch neuartige Ansätze wie CGRP-Antikörper, Ditane, Gepante und Cannabinoide in der Migränetherapie erforscht. Diese Entwicklungen versprechen, die Lebensqualität von Millionen von Menschen mit chronischen Kopfschmerzen weiter zu verbessern und neue Hoffnung für die Behandlung dieses weitverbreiteten Volksleidens zu geben. 

Wie bei allen chronischen Schmerzen lautet aber auch hier die wichtigste Botschaft: Handeln bevor die Schmerzen weiter chronifizieren! 

Kopfschmerzen sollten nicht ignoriert oder ausgesessen werden. Angesichts der Vielzahl von verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten ist es ratsam, bei Kopfschmerzen zeitnah professionelle Schmerztherapie in Betracht zu ziehen. Kontaktieren Sie uns für eine Beratung und/oder Behandlung.