Das Chronic Pelvic Pain Syndrome (CPPS)

Veröffentlicht: 26.September 2023
Author:Julia Soschinski
Anhaltender Beckenschmerz

Anhaltender, chronischer Beckenschmerz, auch bekannt als Chronic Pelvic Pain Syndrome (CPPS), ist ein vielschichtiges und oft quälendes Schmerzsyndrom, das sowohl Männer als auch Frauen betreffen kann. In diesem Beitrag werden wir das CPPS näher beleuchten, seine Definition und mögliche Ursachen, sowie vielversprechende Therapieoptionen.

Definition von Chronic Pelvic Pain (Chronischer Beckenschmerz)

Die Definition der Leitlinien der European Association of Urology beschreibt das Chronic pelvic pain syndrome als einen anhaltenden oder chronischen Schmerz, der in der Beckenregion wahrgenommen wird, ohne dass eine Infektion oder andere offensichtliche Erkrankung nachweisbar ist. Dieser Schmerz kann sowohl bei Männern als auch bei Frauen auftreten und ist oft mit negativen Auswirkungen auf die kognitive, verhaltensbezogene, sexuelle und emotionale Gesundheit verbunden. Es können auch Symptome auftreten, die auf eine Störung des unteren Harntrakts, der Sexualität, des Darms, des Beckenbodens oder eine gynäkologische Dysfunktion hinweisen. Um als chronisch eingestuft zu werden, muss der Schmerz mehrere Monate andauern, vor allem wenn er zyklusabhängig ist.

Ursachen und Risikofaktoren

Chronischer Beckenschmerz kann mit einer Vielzahl von Faktoren in Verbindung stehen. Diese umfassen genetische Veranlagung, psychologische Aspekte, endokrine (hormonelle) Einflüsse und wiederholte physische Traumata. Es wurde auch festgestellt, dass das CPPS oft mit Depressionen, Ängsten und der Angst vor Schmerzen assoziiert ist. Bestimmte Verhaltensweisen, wie katastrophisierendes Denken und die Vorhersagefähigkeit von Schmerzen (wenn Schmerzen beim Wasserlassen, Stuhlgang oder Geschlechtsverkehr zu erwarten sind), können ebenfalls zur Chronifizierung beitragen. Zudem kann sexueller oder körperlicher Missbrauch eine Rolle spielen.

Veränderungen in der Betrachtungsweise

Es ist wichtig zu verstehen, dass das CPPS heute als Syndrom betrachtet wird, was die Herangehensweise an Diagnose und Therapie verändert hat. Früher lag der Fokus auf dem Pathomechanismus /der Suche nach einer Krankheit und die Diagnostik und Therapie richtete sich vorrangig auf den Körper. Heute betrachtet man die Gesamtheit der Beschwerden:
Die körperlichen Schmerzen, sowie die Auswirkungen auf die psychische Gesundheit mit Depressionen und Ängsten und weitgehenden Auswirkungen auf das Sozialleben (z.B. sozialer Rückzug oder Probleme am Arbeitsplatz). Weiterhin bestehen häufig Auswirkungen auf Körperfunktionen, z.B. eine veränderte Darmpassage, obwohl keine Darmkrankheit vorliegt. Dies wird als viszerale Hyperalgesie bezeichnet, bei der selbst geringfügige Reize wie Völlegefühl, Stuhl- oder Harndrang auslösen können.

Diese drei Bereiche (Körper, Seele, Sozialleben) sind untrennbar miteinander verbunden und müssen somit in der Diagnostik und Therapie berücksichtigt werden, um das CPPS erfolgreich zu behandeln.

Behandlungsoptionen

Nach abgeschlossener Diagnostik und meist vielen erfolglosen Vortherapien erfolgt die Therapie des CPPS nach dem biopsychosozialen Modell, das wie oben genannt die physische, psychische und soziale Gesundheit des Patienten berücksichtigt.
In der Behandlung von chronischen Schmerzen, so auch beim chronischem Beckenschmerz, einschließlich des Chronic Pelvic Pain Syndroms (CPPS), hat sich die interdisziplinäre Multimodale Schmerztherapie (IMST) als Goldstandard erwiesen. Die IMST ist ein ganzheitlicher Ansatz, der darauf abzielt, die Lebensqualität der Patient*innen zu verbessern und ihre Schmerzen zu lindern. Die IMST besteht aus mehreren, sich ergänzenden Therapiebausteinen:

  • Schmerzmanagement und Aufklärung: Wir beginnen mit einer gründlichen Schmerzbewertung und erklären unseren Patient*innen die Ursachen und den Verlauf ihres chronischen Beckenschmerzes. Das hilft, Ängste abzubauen und den Umgang mit Schmerzen zu verbessern.
  • Physiotherapie: Hier geht es darum, die Verspannungen in den Beckenmuskeln zu lösen und die Flexibilität der Muskeln zu steigern. Das ist besonders wichtig, wenn myofasziale Schmerzen im Spiel sind.
  • Psychotherapie: Unsere Patient*innen erhalten psychologische Unterstützung, um Ängste, Depressionen und Stress im Zusammenhang mit ihrem chronischen Schmerz zu bewältigen. Dabei setzen wir oft auf die kognitive Verhaltenstherapie, um negative Denkmuster zu durchbrechen.
  • Medikamentöse Therapie: Jede/r Patient*in ist einzigartig, daher wählen wir die Medikamente individuell aus.
  • TENS: Als Zusatztherapie nutzen wir die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), um Schmerzen zu lindern und die Entspannung der Muskulatur zu fördern.
  • Bewegung und Entspannung: Ein aktiver Lebensstil und Entspannungstechniken wie QiGong und progressive Muskelentspannung können einen positiven Einfluss auf den chronischen Beckenschmerz haben. Wir ermutigen unsere Patient*innen dazu.
  • Unsere Schmerzexpert*innen: Unsere IMST erfolgt im Team: Ärzt*innen, Physiotherapeut*innen, Psycholog*innen und Expert*innen verschiedener Fachrichtungen arbeiten eng zusammen, um eine umfassende Versorgung sicherzustellen und individuelle Bedürfnisse zu berücksichtigen.

Die IMST ist ein evidenzbasiertes Behandlungskonzept, das auf die Bedürfnisse jeder/s einzelnen Patient*in zugeschnitten ist. Es betont die ganzheitliche Betreuung und den Einsatz verschiedener Therapieansätze, um den Schmerz zu lindern und die Lebensqualität zu steigern.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Therapie des CPPS individuell angepasst werden muss, da nicht jede/r Patient*in auf die gleiche Weise reagiert. Eine umfassende Betreuung und die Einbeziehung verschiedener Fachrichtungen wie Urologie, Gynäkologie, Gastroenterologie, Proktologie, Orthopädie und Neurologie sind notwendig, um eine optimale Diagnostik und Therapie zu gewährleisten. Wenn durch diese Disziplinen eine spezifische Erkrankung ausgeschlossen ist, ist eine schmerztherapeutische Anbindung essentiell und die IMST die Therapie der Wahl. Gerade auch weil keine spezifische Erkrankung vorliegt, muss das CPPS ernst genommen werden, da es die Lebensqualität erheblich beeinflussen kann.

Sind Sie Betroffene/r? Dann sprechen Sie uns gerne darauf an.