Algesiologikum auf dem Deutschen Schmerzkongress 2024: Neue Erkenntnisse zur interdisziplinären multimodalen Schmerztherapie

Veröffentlicht: 16.Oktober 2024
Author:Julia Soschinski

Beim diesjährigen Deutschen Schmerzkongress in Mannheim präsentiert das Algesiologikum neben einem Workshop zum Thema „Chronische Beckenschmerzen in der ambulanten Schmerztherapie“ zwei wissenschaftliche Poster, die wichtige Erkenntnisse zur interdisziplinären multimodalen Schmerztherapie (IMST) im tagesklinischen Setting liefern. Diese Therapieform gilt als Goldstandard für die Behandlung chronischer Schmerzen und wird in Deutschland vornehmlich in stationären und tagesklinischen Einrichtungen angeboten.

Die beiden zugrundeliegenden Studien geben Aufschluss über die Belastungen chronischer Schmerzpatient*innen und deren Eignung für die IMST, sowie den Nutzen einer offenen, flexibleren Behandlungsgruppe.

Einblicke in das tagesklinische Patientenklientel

Eine umfassende Analyse von 1.957 Patientinnen und Patienten, die seit 2016 in der Algesiologikum Tagesklinik für Schmerzmedizin ein interdisziplinäres multimodales Assessment (IMA) durchliefen, zeigt folgende Ergebnisse:

  • Patientenprofil: 67% der Teilnehmenden waren weiblich, mit einem Durchschnittsalter von 48 Jahren. 45% litten seit mehr als fünf Jahren unter Schmerzen, und 89% hatten bereits zuvor eine schmerztherapeutische Behandlung erhalten.
  • Einschränkungen: Drei Viertel der Patient*innen berichteten von starken schmerzbedingten Einschränkungen. Die maximale Schmerzstärke lag in den letzten vier Wochen bei einem Durchschnitt von 8 auf einer Skala von 0 bis 10.
  • Psychische Belastung: Die Analyse ergab, dass 40% der Teilnehmenden klinisch erhöhte Werte in den Bereichen Depressivität und Angst aufwiesen. Dies unterstreicht die psychischen Herausforderungen, die oft mit chronischen Schmerzen verbunden sind.

Diese Erkenntnisse sind entscheidend, um besser zu verstehen, welche Patient*innen für eine IMST in einer Tagesklinik geeignet sind und wie deren Belastungen gezielt angegangen werden können.

Die Analyse zeigt, dass ein Großteil der Patient*innen eine stark eingeschränkte Lebensqualität und körperliche sowie psychische Belastungen aufweist. Die hohe Übernahmequote in die IMST deutet darauf hin, dass die tagesklinische Schmerztherapie eine passende und notwendige Ergänzung zu anderen Behandlungsformen darstellt und somit auch für Zuweiser*innen eine hilfreiche Orientierung bietet.

Einführung einer offenen Gruppe zur Therapieerprobung

Zusätzlich zu den intensiven Therapiegruppen bietet die Algesiologikum Tagesklinik seit November 2022 eine offene Gruppe (OfG) zur Therapieerprobung an.

Diese ist für die Patient*innen gedacht, die für die IMST indiziert sind, jedoch in regulären Intensivgruppen (IG) aufgrund von körperlichen, mentalen oder auch sprachlichen Schwierigkeiten zu herausfordernd sein könnte. Ziel ist es, diese Patient*innen behutsam auf eine intensivere Therapie vorzubereiten.

Ergebnisse:

  • Gruppenzuordnung: 57 % der Patient*innen wurden nach dem interdisziplinären multimodalen Assessment (IMA) in eine IG, 10 % in die OfG und 33 % in andere Einrichtungen oder den ambulanten Sektor überwiesen.
  • Belastungsunterschiede: Die OfG-Patient*innen zeigten eine insgesamt höhere Belastung als die IG-Patient*innen. Sie wiesen stärkere körperliche Beschwerden und höhere Stresswerte auf, was ihre Eignung für eine IMST in der IG beeinflussen könnte.
  • Subjektives Wohlbefinden: Interessanterweise gaben OfG-Patient*innen eine bessere seelische Lebensqualität an, was möglicherweise mit der stärkeren Fokussierung auf körperliche Beschwerden zusammenhängen könnte.
  • Erfolgreiche Wechsel von der OfG in die Intensivgruppen belegen den Nutzen dieser Therapieoption.

Das IMA-Team zeigt durch die differenzierte Zuweisung, dass neben schmerzbezogenen Daten auch weitere Faktoren entscheidend für die Therapieempfehlung sind. Faktoren wie die Offenheit für das biopsychosoziale Schmerzmodell und die Veränderungsmotivation der Patient*innen spielen eine wesentliche Rolle bei der Zuweisung. Die Ergebnisse der offenen Gruppe zeigen, dass eine behutsame Heranführung an die IMST bei einigen Patient*innen den Therapieerfolg langfristig verbessern kann.

Fazit

Die Präsentationen auf dem Deutschen Schmerzkongress verdeutlichen das Engagement des Algesiologikums für eine evidenzbasierte Schmerztherapie, die individuell auf die Bedürfnisse der Patient*innen zugeschnitten ist. Durch die Kombination aus interdisziplinären Ansätzen und flexiblen Therapieformen setzen wir uns dafür ein, die Lebensqualität von Menschen mit chronischen Schmerzen nachhaltig zu verbessern.

Wir freuen uns, weiterhin unsere Erkenntnisse mit Ihnen zu teilen und freuen uns auf einen regen Austausch auf dem Kongress!

Gerne stellen wir Ihnen die vollständigen Poster zum Download zur Verfügung.