Long/ Post Covid vs. Chronisches Fatigue Syndrom

Veröffentlicht: 26.Oktober 2022
Author:Julia Soschinski
Long/ Post Covid und Chronisches Fatigue Syndrom

Das Thema ist nach wie vor hoch aktuell und es wird uns voraussichtlich noch lange begleiten. Die Rede ist von COVID 19. Für die meisten von uns verläuft eine Infektion mit SARS-CoV-2 relativ glimpflich. Aber nicht wenige leiden noch lange nach der durchgemachten Infektion unter Beschwerden, die den Alltag erheblich beeinträchtigen können. Doch wann sprechen wir vom Long-COVID- oder Post-COVID-Syndrom? Was sind die typischen Symptome? Und was kann man dagegen tun, wenn man betroffen ist? Wir haben bereits über Kopfschmerzen im Zusammenhang mit COVID-19/ Long- und Post-COVID-Syndrom berichtet. Die Thematik war auch Gegenstand unserer letzten Schmerzkonferenz. Wir danken Frau Dr. Müller für eine informative Präsentation und den Kolleg*innen für einen lebhaften Austausch zu der Materie. Zunächst die Definition vom Long- und Post-COVID- Syndrom.

Long- und Post-COVID- Syndrom

Die Leitlinienempfehlung des britischen National Institut for Health and Care Excellence (NICE) definiert das Long-COVID-Syndrom als gesundheitliche Beschwerden, die jenseits der akuten Krankheitsphase von 4 Wochen fortbestehen oder neu auftreten und als Folge der COVID-19-Infektion verstanden werden können. Ein einheitliches Krankheitsbild gibt es bislang nicht. Zu den häufigsten Beschwerden zählen Müdigkeit, Fatigue (schwere Erschöpfung), Kurzatmigkeit, Schlafstörungen, Gedächtnis und Konzentrationsprobleme, Muskelschwäche und –schmerzen, sowie Kopfschmerzen. Als Post-COVID-Syndrom werden Beschwerden bezeichnet, die noch mehr als 12 Wochen nach Beginn der SARS-CoV-2-Infektion vorhanden sind und nicht anderweitig erklärt werden können. (S1 Leitlinie Post-COVID/Long-COVID, AWMF Register Nr. 020/027).

Häufigkeit

Die sogenannte Prävalenz (Rate der zu einem bestimmten Zeitpunkt oder in einem bestimmten Zeitabschnitt an einer bestimmten Krankheit Erkrankten) variiert je nach Patient*Innen-Population, Art des erfolgten SARS-CoV-2-Nachweises, der Symptomerfassung (ärztlich vs. selbst erfasst), und der uneinheitlichen Begriffsdefinition des Long-/Post-COVID-Syndrom. Daten aus der UK legen nahe, dass die Wahrscheinlichkeit für ein Eintreten des Long-/ Post-COVID-Syndroms bei der Omikron Variante um 50 Prozent geringer ist, als bei der Alpha Variante. (4,5% vs. 10,8%)

Häufiger vom Long-/ Post-COVID-Syndrom betroffen sind:
  • Frauen
  • 30- bis 50-Jährige
  • Patient*Innen mit mehr als 5 Symptomen in der Akutphase
  • Vorerkrankte an Asthma, Diabetes, arterielle Hypertonie, Adipositas
  • Patient*innen mit einem schweren Verlauf
Symptomatik

Die häufigsten Symptome sind unspezifisch und treten auch bei der Allgemeinbevölkerung auf. In einer französischen Studie mit 26.823 Teilnehmenden korrelierten Atemnot, Erschöpfung, Schlaf- und Konzentrationsstörung eher mit der Überzeugung, eine Infektion durchgemacht zu haben, als mit einer nachgewiesenen Infektion. 

Überlappung Chronic- Fatigue- und Long-/Post-COVID-Syndrom 

Das chronische Fatigue Syndrom (CFS) ist eine schwere Erkrankung. Das Syndrom sollte auf keinen Fall auf die Symptome Müdigkeit und Erschöpfung reduziert werden, da die Betroffenen auch an vielen weiteren Beschwerden wie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, Schmerzen, Schlafstörungen, Allergien und anderen Symptomen leiden. Betroffene werden plötzlich aus ihrem „normalen“ Leben gerissen. Synonyme der Begrifflichkeit sind Myalgische Enzephalomyelitis und Systemic Exertion Intolerance Syndrome (SEID) Die Erkrankung hat in den letzten Jahren und Monaten im Zusammenhang mit der Berichterstattung über das Long-/ Post-COVID-Syndrom viel mediale Aufmerksamkeit erlangt. Eine Abgrenzung der Syndrome ist manchmal schwer, da die Übergänge teilweise fließend sind. 

Häufigkeit des Chronic- Fatigue-Syndroms 

Wie viele Menschen von CFS betroffen sind ist nicht eindeutig geklärt. Man geht von bis zu 300.000 Betroffenen in Deutschland aus. Frauen scheinen 2-3x so häufig wie Männer betroffen zu sein. Allerdings gibt es noch viele Unklarheiten rund um diese Krankheit. Oft wird sie aus Unkenntnis nicht richtig diagnostiziert.

Ursachenforschung

Wie bei vielen Krankheiten scheint ein Zusammenspiel von mehreren Faktoren ursächlich zu sein. Möglicherweise lösen Infektionen mit bestimmten Erregern in Kombination mit anderen Faktoren das Syndrom aus. Bis zu 80 Prozent der Betroffenen bringen CFS mit einer Infektion in Verbindung. Genannt wird hier häufig das Epstein-Barr-Virus;  auch andere Herpesviren, Grippe- und Erkältungsviren, Coronaviren, Magen-Darm-Keime, Borrelien und Chlamydien scheinen in Betracht zu kommen. Seit Beginn der Pandemie steht die Vermutung im Raum, dass eine COVID-19-Infektion das CFS auslösen könnte. Eine Forschungsgruppe der Charité – Universitätsmedizin Berlin und des Max-Delbrück-Centrums für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft zeigte jetzt in einer gut kontrollierten Studie, dass ein Teil der an COVID-19-Erkrankten auch nach mildem Verlauf das Vollbild einer ME/CFS-Erkrankung entwickelt.(Kedor C et al. Post COVID-19 Chronic Fatigue Syndrome following the first pandemic wave in Germany and biomarkers associated with symptom severity results from a prospective observational study)

Therapieempfehlungen Long-/Post-COVID-Syndrom

Die Therapien sind so vielfältig wie die möglichen Symptome, sie kann meist symptomatisch erfolgen. Im ersten Schritt müssen andere möglich organische Ursachen ausgeschlossen werden. Hierzu empfehlen wir eine enge Absprache mit dem behandelnden Hausarzt. Gerne verweisen wir an dieser Stelle noch einmal auf weiterführende Informationen .

Die gute Nachricht lautet: die meisten Symptome verbessern sich im Lauf der Zeit!