CRPS-Das komplexe regionale Schmerzsyndrom

Veröffentlicht: 22.Juni 2022
Author:Julia Soschinski

Wir danken Herrn Dr. Constantin Schmid, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Weiterbildungsassistent Spezielle Schmerztherapie, für einen lehrreichen Vortrag zum Thema CRPS in unserer letzten Schmerzkonferenz.

Was bedeutet CRPS?

CRPS steht für complex regional pain syndrom, zu deutsch komplexes regionales Schmerzsyndrom und beschreibt eine chronische und posttraumatische Schmerzerkrankung, die nach einer vorangegangenen Körperschädigung der Extremitäten (Arme/Beine), etwa in Form einer erfolgten Operation, eines Knochenbruchs oder einer Prellung auftreten kann. Die Schmerzen klingen nicht wie erwartet ab, sondern werden schlimmer und können nicht mehr durch das ursprüngliche Traumata erklärt werden. Das Schmerzsyndrom betrifft für gewöhnlich die Hände und/oder Füße und tritt bei Frauen 2-3 mal häufiger auf als bei Männern. Die meisten Fälle manifestieren sich zw. dem 40-70 Lebensjahr. Die Ursache der Erkrankung ist nicht abschließend geklärt und sie gibt Medizinern nach wie vor Rätsel auf. Es ist von einer hohen Dunkelziffer an Betroffenen auszugehen.

Symptome und Diagnostik

Die Diagnosestellung erfolgt rein klinisch, sprich anhand der Betrachtung der vorliegenden Symptome und unter Ausschluss anderer in Frage kommender Erkrankungen. (Diagnosestellung nach den sogenannten Budapest Kriterien, ein 2003 in Budapest erstellter Katalog an Symptomen) Neben ausgeprägten Schmerzen leiden Betroffene unter entzündlichen Symptomen (Schwellungen, Veränderungen der Hautfarbe und der Temperatur der betroffenen Region, Veränderungen beim Nagel und Haarwachstum), reduzierter Beweglichkeit und reduzierter Kraft, sowie Störungen der Sensibilität. Manche Patient*innen empfinden das betroffene Areal nicht mehr als „zum eigenen Körper gehörend“. CRPS macht Angst. Man versteht den eigenen Körper nicht mehr. Die Psyche leidet und die Lebensqualität sinkt rapide. Oft werden Patient*innen mit ihren „rätselhaften“ Schmerzen nicht richtig ernst genommen und sehr häufig dauert es zu lange, bis sie auf den richtigen Ansprechpartner treffen und die Erkrankung diagnostiziert wird. Dabei gilt: Je früher die Diagnose gestellt wird, desto erfolgreicher lässt sich CRPS behandeln.

Behandlung/ Therapie

Während der Akutphase sollte eine antientzündliche Therapie erfolgen. Entscheidend für die Schmerzkontrolle und die Wiedererlangung einer gesunden Funktion der betroffenen Extremität ist eine rechtzeitige und individuell angepasste multimodale Behandlung (multimodal beschreibt eine Therapie, die sich aus verschiedenen Behandlungs-Bausteinen zusammensetzt). Da die Betroffenen aus Angst vor den Folgeschmerzen das kranke Areal nicht mehr belasten wollen und können, was dessen Funktionalität weiter einschränkt, gilt es diese Angst durch psychologische Maßnahmen und fördernde Physiotherapie abzubauen. Als sehr erfolgversprechend haben sich die sog. Spiegeltherapie und das Graded Exposure Program herausgestellt.

Spiegeltherapie

Bei der Spiegeltherapie wird ein Spiegel so an die Körpermitte der/des an einem Tisch sitzenden Patient*in platziert, dass deren/ dessen gesunde Extremität gespiegelt wird, während die betroffene Extremität hinter dem Spiegel gelagert wird. Jetzt wird die/ der Patient*in veranlasst die gesunde Extremität zu bewegen. Durch den Spiegel soll die Illusion erreicht werden, dass die/ der Patient*in die betroffene Extremität bewegt. Durch diese Vorspiegelung wird dem Gehirn eine schmerzfreie Bewegung der betroffenen Seite suggeriert, was bestimmte Hirnareale aktiviert, die einen positiven Einfluss auf die Bewegungsprogrammierung haben. Die Spiegeltherapie ist für die Patient*innen ein höchst emotionales Erlebnis und setzt eine intensive Betreuung durch die/den Therapeut*in voraus. Im besten Fall gehen der Therapie sogenannte Lateralisationsübungen (lateralis=seitlich) voraus.

Pain Exposure Physical Therapy

Der neueste Ansatz in der Physiotherapie bei CRPS ist die unkonventionelle und noch umstrittene Methode „Pain Exposure Physical Therapy“ (PEPT). Hier wird nach dem Motto „no pain, no gain“ verfahren. Die Patient*innen sollen gezielt über ihre Schmerzgrenze hinweg trainieren. Angestrebt wird damit eine vermehrte Teilnahme am Alltag, eine aktive Rolle des Betroffenen und die Normalisierung des Schmerzverhaltens. Die Schmerzgrenze darf dabei aber nie passiv und/oder gegen den Willen der Patient*innen überschritten werden. Die weit verbreitete Meinung, dass CRPS Patient*innen schmerzverstärkende Bewegungen unbedingt vermeiden sollten ist inzwischen widerlegt.

Graded Exposure Program

Das sogenannte Graded Exposure Program ist eine der herkömmlichen Physiotherapie überlegene Behandlungsmethode, die Elemente der Physio-und Psychotherapie miteinander kombiniert. Die Psychotherapie konzentriert sich dabei auf die Reduktion von krankheitsbezogenen Ängsten, genauer auf den Abbau von Bewegungsängsten. Das Programm bessert sowohl den Schmerz, als auch die Funktion der betroffenen Extremität signifikant.

Neuromodulation

Sind die konservativen Behandlungsmaßnahmen erschöpft, kann eine Neuromodulation Besserung bringen. Diese sollte immer in spezialisierten Zentren erfolgen.

CRPS ist ein Notfall

CRPS sollte als ein Notfall angesehen werden. Es besteht akuter Handlungsbedarf. Die ersten Monate nach Manifestation der Krankheit sind entscheidend. Sollten Sie den Verdacht haben betroffen zu sein, können Sie sich gerne an uns wenden.