Zusammenhänge von ADHS und Schmerz

Veröffentlicht: 12.Dezember 2023
Author:Julia Soschinski
Zusammenhänge von ADHS und Schmerz
Wir danken Frau Dr. Katharina Nerlich für die spannende und aktuelle Themensetzung und -Darstellung in unserer gestrigen Schmerzkonferenz: 
Psychische Komorbidität und der Einfluss auf Ganzkörperschmerzen – am Beispiel von ADHS im Erwachsenenalter
Aktuell ein richtiger „Renner“ in den Medien: ADHS im Erwachsenenalter. Die großen Fernsehsender lassen Betroffene in Reportagen berichten, Zeitschriften und Magazine greifen die Thematik auf und Prominente sprechen publikumswirksam von ihrer ADHS Diagnose.
Haben wir jetzt eigentlich alle ADHS? Und gibt es Zusammenhänge zwischen ADHS und chronischen Schmerzen?
In einer Ära, die von sozialen Medien geprägt ist, überfluten uns Informationen im Übermaß. Trends und Diskussionen verbreiten sich rasant in der Welt der sozialen Medien, und ein auffälliger Trend in den letzten Jahren betrifft die Darstellung von ADHS auf Plattformen wie TikTok, Instagram und Reddit. Junge Menschen präsentieren sich vermehrt als ADHS-Betroffene im virtuellen Raum, jedoch neigen sie dazu, einseitige und stereotype Symptome zu betonen, die ihre Erkrankung angeblich charakterisieren. Diese verzerrte Repräsentation entfremdet nicht nur die Realität von ADHS, sondern stigmatisiert auch tatsächliche Betroffene. Die Verlockung der Übertreibung in sozialen Medien hat zu einer aufgeblähten Darstellung von ADHS geführt, die durch falsche Symptombetonung und humoristische Präsentationen gekennzeichnet ist. Diese Darstellungen, die oft von Sensationslust und dem Wunsch nach Aufmerksamkeit getrieben sind, bergen die Gefahr, die Realität der Erkrankung zu verfälschen und falsche Vorstellungen über ADHS zu verbreiten. Diese Fehlinformationen können nicht nur zu einer weiteren Stigmatisierung von Betroffenen führen, sondern auch zu einer gefährlichen Normalisierung von Verhaltensweisen, die eigentlich auf ernsthafte neurologische Herausforderungen hinweisen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, die Kluft zwischen der Darstellung von ADHS in sozialen Medien und der tatsächlichen Realität zu verdeutlichen. Dabei sollten wir erwarten können, dass traditionelle Medien differenzierter und weniger oberflächig berichten.
Trotz aller gebotener Vorsicht bei der Wahrnehmung der vermehrten Berichterstattung: Aufklärung und weitere Forschung sind immer gut.
So wurde erst in den letzten Jahren ein interessanter Aspekt zu ADHS im Erwachsenenalter festgestellt:
Die Komorbidität von ADHS und Schmerz: Ein komplexes Zusammenspiel
Eine wachsende Anzahl von Studien hat gezeigt, dass Erwachsene mit ADHS auch anfälliger für chronische Schmerzen sind. Dieses Phänomen kann noch nicht abschließend erklärt werden. Es gibt verschiedene Ansätze und Erklärungsversuche.
Neurobiologische Verbindungen: Gemeinsame Mechanismen
Auf neurobiologischer Ebene gibt es Hinweise darauf, dass ADHS und Schmerz gemeinsame pathophysiologische Mechanismen teilen könnten. Störungen im dopaminergen System, die bei ADHS vorliegen, könnten auch die Schmerzverarbeitung beeinflussen und somit die Schwelle für schmerzhafte Reize senken.
Nahe liegt auch das Vorliegen einer muskulären Grundanspannung der Betroffenen, die sich mit der Zeit als chronischer Schmerz manifestiert.
Die Herausforderung der Diagnose und Behandlung
Die Komorbidität von ADHS und Schmerz stellt Ärzt*innen und Therapeut*innen vor besondere Herausforderungen bei der Diagnose und Behandlung. Eine sorgfältige Anamnese und eine ganzheitliche Betrachtung sind entscheidend, um die Wechselwirkungen zwischen den beiden Zuständen zu verstehen. Die Behandlung sollte idealerweise auf eine multimodale Herangehensweise abzielen, die sowohl die Symptome von ADHS als auch die Schmerzkomponente berücksichtigt.
Ein ganzheitlicher Ansatz ist entscheidend
Insgesamt verdeutlicht die wachsende Forschung, dass die Verbindung zwischen ADHS im Erwachsenenalter und chronischen Schmerzen komplex ist und eine differenzierte Herangehensweise erfordert. Die Integration von psychologischen, pharmakologischen und physiotherapeutischen Interventionen sind entscheidend, um die Lebensqualität dieser Patientengruppe zu verbessern und gleichzeitig die Herausforderungen beider Zustände zu adressieren.